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Der System-Wechsel war überfällig

Online-Werbemarkt-Experte Christian Bachem sieht in der Abkehr von Third-Party-Cookies eine Chance für längst bekannte Wahrheiten: Cookie-basiertes Targeting wurde schon immer überschätzt.

26. August 2021,
Text: Klaus Janke, Christian Bachem HORIZONT – „Das Magazin zur Dmexco 2021“

„Unbequemes Umdenken“, so der Titel der sehr gut recherchierten Analyse von Klaus Janke im „Magazin zur Dmexco 2021“ von HORIZONT. Janke fasst darin nicht nur den aktuellen Stand des bevorstehenden Systemwechsels zusammen, er stellt auch die richtigen Fragen. Gemeinsam mit Digital-Experte Christian Bachem geht er „einen Schritt zurück“ und zeigt auf, wie sehr wir Third-Party-Cookies – und Targeting als solches – überhaupt vermissen müssen.

„In allen Diskussionen über die ‚Post-Cookie-Ära‘ ist eine ganz grundsätzliche Frage nur selten zu hören: Ist es überhaupt schlimm, dass es bald keine Third-Party-Cookies mehr gibt? Natürlich nicht, muss man aus Datenschutz-Perspektive sagen: je weniger Tracking, desto besser. Aber auch durch die ROI-Brille betrachtet darf man Zweifel haben: ‚Die Bedeutung der Third-Party-Cookies wird schon seit Langem deutlich überschätzt‘, sagt Christian Bachem, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Markendienst. Das beginne schon bei technischen Fragen: ‚Frequency Camping etwa funktioniert bei weitem nicht so gut, wie oft angenommen wird. Wir haben bereits vor zehn Jahren in Kampagnen Cookie-Sterblichkeiten von 40 Prozent innerhalb von vier Wochen nachgewiesen – wie soll man sicherstellen, dass eine Person ein Werbemittel nicht zu oft sieht, wenn sie ihre Cookies so häufig löscht?‘

Laut Bachem kursieren im Markt auch absurdeste Vorstellungen über die Möglichkeiten von Targeting: ‚Man bildet extrem spitze Segmente und wundert sich dann, dass sich der Kampagnenerfolg nicht entsprechend einstellt.‘ Der Abschied von den Third-Party-Cookies kann daher auch eine willkommene Gelegenheit sein, grundsätzliche Fragen nach Sinn und Unsinn von Targeting zu stellen:

Wie viel bringt es, Hand aufs Herz, wirklich? Haben sich im programmatischen Werbesystem Automatismen eingespielt, die man überprüfen sollte – auch was die KPIs von Werbekampagnen angeht?

Bachem geht zwar nicht davon aus, dass es eine neue Grundsatzdebatte geben wird. Er weist aber darauf hin, dass allein die faktischen Veränderungen zu neuen Aha-Erlebnissen führen können: ‚Wenn weniger adressierbares Inventar vorhanden ist, werden automatisch mehr Budgets in Richtung Umfeldbuchung verschoben. Und viele Werbungtreibende werden feststellen, dass man damit gar nicht so schlecht fährt.‘